Adel

(Dies ist ein Dokument der Wolfsjagd-Orga, www.wolfsjagd-larp.de, das wir für unsere Veranstaltung mitbenutzen dürfen und deren Kanon wir benutzen)

Hintergrundinfos zur Epoche

Die hier aufgeführten Hintergrund-Infos dienen dazu, euch ein Gefühl für das Setting zu geben. Ihr müsst euch nicht alles merken. Relevant ist, was in euren Charakteren steht. Die dort beschriebenen Ereignisse, politischen Verbindungen, Namen, Verwandtschaften, uvm. sind an die historischen Gegebenheiten angelehnt, aber im Sinne der Einfachheit und künstlerischen Freiheit frei interpretiert und angepasst. 

Adel

I. Allgemein:

Auszüge aus Fachliteratur:

Adlige Lebenswelten im Rheinland / Gudrun Gersmann, Hans-Werner Langbrandtner:

S. 19: Das konventionelle Familienleben […] wie es aus Erziehungsanweisungen und Familienbüchern hervorgeht, beinhaltet, dass die Kinder zusammen aufwuchsen. Der Kreis der Bezugspersonen war dabei aber wesentlich größer als es in der heute üblichen Kernfamilie der Fall ist. In der Familie lebten bisweilen auch die Großeltern und unverheiratete oder verwitwete Geschwister der Eltern. Zum Haus gehörten darüber hinaus Lehrer und Lehrerinnen sowie Erzieher/innen und das Dienstpersonal. Trennungserfahrungen prägten den kindlichen Erfahrungshorizont. So war der Vater aufgrund seiner Ämter oder Dienstverpflichtungen und des weit gestreuten Familienbesitzes häufig, oft Wochen-, wenn nicht monatelang, unterwegs. Geschwister gingen zur Ausbildung an auswärtige Schulen oder traten in ein Kloster oder Stift ein. Darüber hinaus prägten das frühe Ableben eines Geschwisters oder der Tod eines Elternteils das Verhältnis zwischen den Familienmitgliedern. Im Erwachsenenalter trat an die Stelle der Verantwortung der Eltern für die Kinder dann die der Kinder für die Eltern sowie der Geschwister untereinander. Margarethe (1555-1620) und Sophia Wolff-Metternich (1557-1628), Nonnen im Kloster Schillingskapellen, korrespondierten um 1600 regelmäßig mit ihrem Bruder Hermann (1542-1603), der sie mit Geldzahlungen unterstützte.

S.70: Zu den selbstverständlichen Aufgaben des Adelsherren, des Vorstehers der Familie und des gesamten Hauses, gehörte die Kontrolle der wirtschaftlichen Grundlagen des Hauses im engeren Sinne, der Güter, die in Eigenwirtschaft betrieben wurden, und des Vermögens sowie der grundherrschaftlichen Besitzungen und Rechte. Die konkrete Organisation des Haushalts […] war jedoch Aufgabe der adligen Hausfrau, die über Einnahmen und Ausgaben Buch führte.

S. 79: Die Aufgabenbereiche der verheirateten adligen Frau […] umfassten die Sorge um die Familie und das gesamte Hauswesen. Deshalb war die übliche Bezeichnung für eine verheiratete adlige Frau – wie auch im bürgerlichen – „Frau“, „Hausfrau“ oder „Hausmutter“ […] Innere Werte, Bescheidenheit, Fleiß, Sparsamkeit, Charakterstärke und Herzensbildung zeichneten eine Frau nach zeitgenössischen Idealvorstellungen aus. Kenntnisse in den Wissenschaften waren nicht erwünscht, eine gewisse Kunstfertigkeit im Bereich der Musik und Literatur jedoch von Vorteil und nicht ungern gesehen. Die Frauen des niederen Adels […] erhielten eine religiöse Grundbildung, sollten lesen und schreiben und vor allem rechnen können, um ihre Hauswirtschaft zu führen. Notwendig waren auch praktische Fähigkeiten […]: die Aufsicht über die Arbeiten in der Küche und über die Mägde, Handarbeiten wie Spinnen, Nähen und Sticken oder medizinische Kenntnisse zur Grundversorgung ihrer Familien und Bediensteten. […] Nicht selten führten die Hausfrauen des Landadels ein Leben, das sich kaum von dem einer Großbäuerin unterschied.

S.133: Die Beschreibung des Hauses zeigt die typische Aufteilung eines adligen Schlosses. Unter dem Dach wohnten die Bediensteten des Hausherren und der Lehrer der Kinder. […] Im Stockwerk darunter befanden sich die Privaträume: die Schlafzimmer der Töchter und ihren Betreuerinnen sowie die Aufenthaltsräume der Familie. Auf demselben Gang schliefen die Haushälterin und die Küchenmagd. Außerdem hatte der Hausgeistliche […] dort sein Gemach.

S.155: Mittelgroße Staaten wie […] Kurköln bevorzugten in den Jahrzehnten um 1700 meist den zeremoniellen Stil, der sich in den äußeren Formen nach dem französischen Hofzeremoniell richtete und somit ihren Machtanspruch ausdrückte. Der gesellige Hof unter dem Kurfürsten Clemens August, der zum Schauplatz seiner Liebhabereien wie Jagden und Maskenbälle wurde, sollte über seine faktische politische Machtlosigkeit ab 1756 hinwegtäuschen. In der adligen Lebenswelt war der landesherrliche Hof das Zentrum von Herrschaft, Macht und Repräsentation. Das höfische Leben war Vorbild für die Lebensgestaltung des Adels. Wem der Zugang zum Hof und zu den Hofämtern gelang, dem war ein Aufstieg in die adlige Führungsschicht um den Landesherrn möglich.

S.159: Der Bonner Hofstaat […] wohnte nicht im Schloss, sondern in Bonner Stadthäusern.

S.165: Stadthäuser wurden zum Lebensmittelpunkt während der Tätigkeit des Hausherrn am Hof […] und dienten als wirtschaftlicher Stützpunkt […] Für die Familientradition jedoch blieben weiterhin die Landsitze, mit denen die standesrechtlichen Privilegien verbunden waren, prägend.

Aufwachsen bei Hof / Claudia Kollbach:

S. 47: Ihre [Caroline Luise Prinzessin von Hessen-Darmstadt] Interessen umfassten die unterschiedlichsten Gebiete und reichten von der medizinischen Wissenschaft über verschiedene Naturwissenschaften und der Geschichte bis hin zu ihrer Betätigung als Zeichnerin und Malerin.

S.52: Das höfische Milieu verlangte dabei die Ausbildung spezifisch höfischer Qualitäten und förderte ein distanziertes Verhältnis zwischen Eltern und Kindern. Bestimmt wurde die familiäre Beziehung daneben insbesondere durch die Strukturen der frühneuzeitlichen Familie […], die in der adlig-fürstlichen Familie zur Ausbildung einer […] spezifischen „Familienordnung“ geführt hatten. Hierbei handelte es sich um ein Modell, das primär dem Fortbestand der adligen Familie und damit dem des Hauses diente und das die Unterordnung des Einzelnen unter dieses Ziel forderte.

S. 53: Von den jüngeren Söhnen wurde […] erwartet, dass sie ihre Ansprüche zugunsten der territorialen Einheit zurückstellten. […] Die Töchter hingegen sollten sich in eine etwaige Stiftsdamenexistenz fügen oder in die von den Eltern vorgesehene, standesgemäße Ehe einwilligen […] Brach man mit diesen Regeln, so konnte dies zum Ausschluss aus dem Familienverband führen. Da ein standesgemäßes Leben in der Regel nicht im Alleingang verwirklicht werden konnte, war dies letztlich gleichbedeutend mit einem Ausschluss aus dem Stand. […] Das Individuum sollte gänzlich in der Identifikation mit der Familie aufgehen und persönliche Neigungen und Präferenzen dem Gemeinwohl des Ganzen, das heißt der Familie, unterordnen. Individuelle Selbstverwirklichung war daher in den meisten Fällen ausgeschlossen.

S.54: Die Heirat sollte primär die Kontinuität der Familie gewährleisten. Auf individuelle Neigungen und Gefühle konnte daher bei der Partnerwahl keine Rücksicht genommen werden, obgleich die Ansicht verbreitet war, dass Töchter nicht gegen ihren Willen verheiratet werden sollten.

S.107: Dennoch gab es auch bei Hofe unterschiedliche Formen von Ehebeziehungen, darunter auch solche, die der von den Aufklärern geforderten „vernünftigen“ Liebe sehr nahekamen. Zur Verbreitung des neuen Liebesideal innerhalb der Ehe trugen literarische Einflüsse maßgeblich bei […]

S.115: Gerade bei Hofe kam dem Verfassen von Briefen […] eine besondere Bedeutung zu, was sich durch die diplomatische Signifikanz des Briefes, insbesondere des sogenannten Notifikationsschreibens und seiner Antwort in Form eines Komplimentierbriefes, erklärt.

S.124: In einem Alter von elf bzw. zwölf Jahren verfassten die beiden älteren Prinzen von Baden Durlach erstmals selbständig Neujahrsschreiben an ihren Vater. Die Fähigkeit, eine devote Haltung verbunden mit der Versicherung ihrer Liebe zum Ausdruck zu bringen, war nicht nur für derartige Zeremonialschreiben erforderlich, sondern für den höfisch-galanten Briefverkehr insgesamt.

S. 150: Je größer die Anzahl der Nachkommen war, desto umfassendere Rechte wurden der Mutter zugestanden. An adlige Frauen wurde im Allgemeinen der Anspruch gestellt, nahezu ununterbrochen Kinder auszutragen.

S. 210: So erinnerte die Landgräfin ihre Tochter an die Segnung, die ihr der Hofprediger Ouvrier mit auf den Weg gegeben hatte: „Dein Wille soll deinem Mann unterworfen sein“ Ihre Mutter verlangte von ihr Unterordnung selbst unter einen despotischen Ehegatten […] Mit Blick auf ihre eigenen Verhältnisse hatte die Landgräfin das Schicksal der Frau als „Sklaverei“ bezeichnet; nun verlangte sie auch von ihrer Tochter, das zu ertragen, was sie selbst erlebt hatte. […] Streitigkeiten zwischen den Eheleuten würden lediglich […] verschiedenen höfischen Parteien zum Vorteil gereichen. […] Vor allem aber hätte dieses Verhalten eine rufschädigende Wirkung für ihre noch unverheirateten Schwestern.

Die Aufklärung, Europa im 18.Jahrhundert / Barbara Stollberg- Rilinger:

S.79: Neben dem Landbesitz boten sich dem Adel als Einkommensquelle vor allem die traditionellen Ämter an: am Hof, in Regierungen und Justiz, Diplomatie und Militär, für den katholischen Adel darüber hinaus die reichen Pfründen der Kirche. Bei der Besetzung der hohen Regierungs-, Verwaltungs- und Justizämter sah sich der Adel seit dem späten Mittelalter der professionellen Konkurrenz wissenschaftlich ausgebildeter bürgerlicher Gelehrter gegenüber. Doch im Laufe der Zeit hatte er darauf reagiert und sich ebenfalls gelehrte Bildung angeeignet; das Studium vor allem der Jurisprudenz war zunehmend „aristokratisiert“ worden. Im 18.Jahrhundert waren die Führungsstellen in den Regierungsgremien und Obergerichten wieder weitgehend vom Adel beherrscht – zum einen, weil sich der alte Adel entsprechend qualifiziert hatte, zum anderen, weil bürgerliche Aufsteiger, die diese Ämter bekleideten, zügig nobilitiert wurden.

S. 81: Aus verschiedenen Gründen war es für den Adel immer attraktiver geworden, sich zeitweise oder dauernd in den Residenzen des eigenen oder eines fremden Monarchen aufzuhalten. Dort wurden nicht nur Ämter und Pensionen vergeben, Titel und Würden zugeteilt, dort war man nicht nur der Macht am nächsten und konnte den größten Einfluss gewinnen, sondern dort entfaltete auch das adlige Leben seinen ganzen strahlendsten Glanz, dort musste man anwesend sein, wenn man im vollen Sinne dazugehören wollte.

S.83: Das höfische Leben erlaubte keine Privatheit; der Monarch, seine Familie und seine ganze Umgebung standen ständig unter dem Zwang, den eigenen Status angemessen zu repräsentieren […] Die strenge Zeremonialisierung des Alltags, der permanente Müßiggang, die stetige Konkurrenz der Höflinge um den größten Einfluss auf den Monarchen, all das beförderte ein Klima der Intrige, der Verstellung und der Heuchelei […]

S. 121: Die Kolonialimporte Kaffee und Tee machten als neue Lieblingsgetränke des bürgerlichen „Mittelstands“ im 18. Jahrhundert rasch Karriere, weil sie im Gegensatz zu den herkömmlichen Volksnahrungsmitteln Bier und Wein den Geist nicht benebelten, sondern im Gegenteil belebten.

S. 156: Zwar galt auch im Hofadel der jungfräuliche Ruf eines Mädchens als Grundvoraussetzung für eine gute Partie; verheiratete Frauen erfreuten sich aber nahezu des gleichen Freiraums wie die Männer. Erotische Verwicklungen aller Art beschäftigten die müßigen Hofgesellschaften als amüsantes Gesellschaftsspiel.

Als die Musik in Deutschland spielte, Reise in die Bachzeit / Bruno Preisendörfer:

S. 63: Zwei Jahre zuvor […] hatte man mit dem Ausbau der Paradeappartements begonnen […] Es handelt sich um eine […] Folge von fünf Räumen, beginnend mit der (!) Antichambre, gefolgt vom Audienzzimmer, dem Paradezimmer mit einem abgetrennten Kabinett und schließlich der Wandelgalerie. Die Antichambre ist das eigentliche Vorzimmer, der Raum, in dem auf die Erlaubnis für den Zutritt zum Machthaber gewartet wurde. Den Zugang zum Machthaber (oder zum Entscheidungsträger) zu beschränken ist bis heute unabdingbar für jede Art von Machthandeln.

S. 65: Die Wände des Antichambre in Schloss Wolfenbüttel sind mit grünem Damast bezogen. Die Sitzgelegenheiten unterscheiden sich nach Rangstufen, vom gepolsterten Hocker bis zur Adelsbank, auf der drei Leute nebeneinandersitzen können. Bürgerliche haben zu stehen, in der Regel wurden sie überhaupt nur eingelassen, um dem in der Mitte des Raumes an einem Sekretär sitzenden Schreiber eine Bittschrift auszuhändigen. Ob diese Bittschrift den Fürsten erreichte, hing von vielen Umständen ab, nicht selten davon, ob man es verstand, sich den Schreiber auf richtige und unauffällige Weise gewogen zu machen.

S. 67: Wenn das lange […] Warten keine Kapriolen […] hervortrieb, bot es den Nebeneinandersitzenden Gelegenheit, sich Informationen zuzuflüstern und Intrigen einzufädeln […] Würden wir auf einer dieser `Bänckgen´ zum sitzen kommen, wäre vielleicht der Rat des `Ceremoniel-Wissenschafftlers´ hilfreich: „ Hat ein junger Cavalier die Gnade , einer […] fürstlichen Person den Reverence zu machen, so muss er vorher anfragen, ob er wohl bey der ersten Entrée die Erlaubnis habe ein mündlich Compliment zu machen.“ Ist das unerwünscht, sollte der `junge Cavalier´ der `Fürstlichen Person´ den Rock küssen und sich alsdenn einige Schritte weit von ihr postieren […] Und besonders wichtig: Wenn wir uns – halb rückwärtsgehend- `retirieren´, sollen wir nicht über die Möbel fallen.

S. 304: Wenn die `romantische Liebe´ eine Idee […] der Jahre um 1800 war, heißt das nicht, dass die Menschen in den Jahren um 1700 ohne Liebe durchs Leben gingen. Die Ehe als Sozialkalkül schließt wechselseitige Zuneigung nicht aus. Auch die Bewertung des Mätressenwesens und die Behandlung der Mätresse selbst haben stets damit zu tun, wie es um den Hof und den Staat, um die Macht und um die Machthaber und um die Gefühlslage der agierenden Personen bestellt ist. Wilhelmine von Bayreuth beispielsweise beobachtete eine relationale Gefühlsverlagerung zwischen Mätresse und Gemahlin: „Ein Mann, der Mätressen hat, schließt sich an diese an, und in dem Maße verringert sich in ihm die Liebe für die rechtmäßige Gemahlin.“ Die Mätresse wurde im Unterschied zur `rechtmäßigen Gemahlin´ immer geliebt, wenigstens am Anfang. Warum hätte der Fürst sie sich sonst – im Wortsinn – beilegen […] lassen sollen […] Wenn „ seine Liebe vorüber ist und er vermutet, das sie ihn betrügt, so lässt er sie laufen und zerbricht sich nicht weiter den Kopf über sie; während es selbst für einen verständigen Mann die denkbar größte Schwierigkeit ist, eine Mätresse aufzugeben, solange er sie noch liebt, was sie sich nun auch mag habe zu Schulden kommen lassen.“ Die Mätresse musste die Zeit, während deren sie in Gunst stand, für sich und ihre Familie zu nutzen wissen. Das erforderte menschliche Geschicklichkeit, Beweglichkeit im höfischen Machtgeflecht und eine gewisse charmante Heimtücke. Im beziehungsintensiven Chargenwesen waren Verwandte und Freunde zu platzieren, die sich dann ihrerseits mit Gefälligkeiten revanchieren konnten.

II. Reale Vorbilder:

Links zu einigen realen Personen der Geschichte des 18. Jhdts., die als Anregung zur Entwicklung der Charaktere gedient haben:

https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Werner_von_der_Asseburg

https://de.wikipedia.org/wiki/Wolff-Metternich

https://de.wikipedia.org/wiki/Gottfried_Joseph_von_Raesfeld

https://de.wikipedia.org/wiki/Gymnich_(Adelsgeschlecht

https://de.wikipedia.org/wiki/Raitz_von_Frentz

https://de.wikipedia.org/wiki/Waldbott_von_Bassenheim

Zusatz aus der Bauenmaskerade:

https://de.wikipedia.org/wiki/Reuschenberg_(Adelsgeschlecht)

https://de.wikipedia.org/wiki/Haslang#:~:text=Die%20Grafen%20von%20Haslang%20auf,Dienst%20der%20bayerischen%20Landesherrn%20hervor.