(Dies ist ein Dokument der Wolfsjagd-Orga, www.wolfsjagd-larp.de, das wir für unsere Veranstaltung mitbenutzen dürfen und deren Kanon wir benutzen)
Hintergrundinfos zur Epoche
Die hier aufgeführten Hintergrund-Infos dienen dazu, euch ein Gefühl für das Setting zu geben. Ihr müsst euch nicht alles merken. Relevant ist, was in euren Charakteren steht. Die dort beschriebenen Ereignisse, politischen Verbindungen, Namen, Verwandtschaften, uvm. sind an die historischen Gegebenheiten angelehnt, aber im Sinne der Einfachheit und künstlerischen Freiheit frei interpretiert und angepasst.
Aberglaube im 18. Jahrhundert
Allgemein
Auszüge aus Fachliteratur: Die Aufklärung, Europa im 18. Jahrhundert / Barbara Stollberg-Rilinger:
S.73: Die bäuerliche Gesellschaft war für die aufklärerischen Bildungsbemühungen und obrigkeitlichen Gesetze keineswegs so dankbar, wie deren Befürworter erwarteten. Sie verfügte vielmehr über ein eigenes Normensystem, das nicht weniger rigide war als das neu verordnete, aber anderen Leitlinien folgte. Da die bäuerliche Kultur noch vorwiegend schriftlos war, ist es schwierig, diese Normen zu rekonstruieren […] Der „Landmann“ [erscheint] als abergläubisch und magischen Praktiken zugetan, wenig leistungsbereit, zu Müßiggang und Verschwendung neigend, unbeherrscht, gewalttätig und von lascher Sexualmoral, vor allem aber rückwärtsgewandt und allen Neuerungen abgeneigt. […] Die große Vielfalt magischer Praktiken, die mit christlichen Glaubensformen und -inhalten verquickt waren, entsprachen der Erfordernis, das Wirken der Naturkräfte, von denen man existentiell abhängig war, verständlich zu deuten und unter Kontrolle zu bringen.
S. 103: Die Kluft zwischen Neuerern und Orthodoxen verlief quer durch Adel und Bürgertum. Die breite Bevölkerung sah sich nicht selten mit dem irritierenden Umstand konfrontiert, dass die Vertreter der Obrigkeit einen guten Teil der bisher von ihnen vertretenen Lehren nun selbst als Aberglaube bekämpften. So war beispielsweise Zauberei in den meisten Ländern noch immer ein strafbares Delikt. Doch das geistige Klima hatte sich geändert: Aufgeklärte Obrigkeiten suchten nun nicht mehr die Hexe, sondern den Glauben an sie auszurotten.
S.196: Die große Faszination, die die Naturforschung ausübte, die Offenheit für alle nur denkbaren Hypothesen und Theorien […] all das erklärt die große Empfänglichkeit des gebildeten Publikums der Spätaufklärung für Okkultes und Esoterisches. […] Die Zeitgenossen des 18 Jahrhundert verfügten noch nicht über die eindeutigen Maßstäbe späterer Zeiten, die Wissenschaft und Esoterik klar auseinanderzuhalten erlaubt hätten. […] So beeindruckte der selbsternannte „Graf Cagliostro“ der 1784 eine „Ägyptische Loge“ gründete und in uralte hermetische Wahrheiten einzuführen versprach, […] mit seinen Fähigkeiten als Geisterbeschwörer, Wunderheiler und Goldmacher.
So lebten sie zur Zeit der großen Könige / Pierre Miquel:
S.58: Das Volk glaubt an Wunder genauso, wie es an Gott glaubt […] Missgestaltete Menschen hält man für den Teufel und immer noch werden Hexen in Europa verbrannt. […] Die kleinen Leute in Paris, London oder Amsterdam leben das Leben der großen Welt. Tänze, Lieder und Mode sind für alle Schichten der Gesellschaft die gleichen. Gedanken an Glück und Freiheit beschäftigen die Menschen […] Trotz des Wohlstandes bestehen die alten Ängste weiter. Es genügt, dass ein ungewöhnlich großer Wolf die Schafe anfällt, um die Menschen an den Teufel glauben zu lassen. Soldaten der Armee müssen das Tier töten und durch die Dörfer tragen, damit die Menschen ihre abergläubischen Ängste verlieren.
Als die Musik in Deutschland spielte, Reise in die Bachzeit / Bruno Preisendörfer:
S. 153: Die Tortur macht Hexen, und je mehr gefoltert wird, desto verbreiteter ist die Zauberei.1694 schrieb Leibniz in einem Brief […] „Man wurde für einen Hexer gehalten, wenn man die Berichte, die über Hexerei ausgesprengt wurden, nicht glaubte. Und das genügte, um einen Menschen der Folter zu unterwerfen. Gottsei Dank fängt die Welt an, klüger zu werden.“ […] In der Mitte des Jahrhunderts […] geriet die Ordensschwester Maria Renata Singer […] in den Verdacht der Teufelsbuhlerei, Hexerei, Zauberei und Mäusemacherei. Eines der Lehrbücher […] fasst die Rechtslage zusammen: Zauberer, die durch Gemurmel und Zauberformeln Schaden angerichtet haben, werden mit dem Schwert hingerichtet, diejenigen aber, die ausdrücklich ein Bündnis mit dem Teufel eingegangen sind, werden lebendig verbrannt.
siehe auch: Vaganten